Whitepaper

Modellbasierte Ausschreibungen

Die von CRB eingesetzte Kommission für Innovation (KfI) hat sich im Herbst 2024 in einem Whitepaper mit der Frage auseinandergesetzt, wie qualitativ hochwertige modellbasierte Ausschreibungen gefördert werden können. Bereits der erste Schritt – die Erhöhung der Qualität und der Standardisierung von Informationen in Modellen – verspricht eine deutliche Effizienzsteigerung sowie eine Reduktion von Kosten und Zeit im Bauprozess. 
Gaby Jefferies | 27.02.2025
 

Das heutige «CRB-System» stützt sich auf etablierte Standards wie den Normpositionen-Katalog NPK, den Baukostenplan BKP und die elementbasierten Baukostenpläne eBKP. Sie ermöglichen eine präzise und rechtssichere Leistungsbeschreibung, Kostenkalkulation und Abrechnung von Bauwerken. Der gesamte Prozess von der Spezifikation über die Ausschreibung, Kalkulation, Vergabe bis hin zur Abrechnung ist voll digitalisiert und standardisiert, garantiert eine hohe Rechtssicherheit und fördert damit das gemeinsame Verständnis und Vertrauen. Allerdings ist dieser Prozess heute losgelöst von 3D-Modellen (BIM).
 

Erhöhung der Modellqualität

Um in modellbasierten Ausschreibungen eine vergleichbare Effizienz und Zuverlässigkeit zu erreichen, muss die Qualität von Modellen markant erhöht werden. Standardisierte technische Datenformate und Spezifikationen wie Industry Foundation Classes (IFC)1) oder Information Delivery Specification (IDS)2) können die Kommunikation und den Datenaustausch nur dann vereinheitlichen, wenn sie über vollständige fachliche Standards auch zuverlässig sind und verbindlich gemacht werden. Ziel ist deshalb, durch die Definition von klaren und standardisierten Exchange Information Requirements (EIR)3) mit dem BIM-Profil-Server (BPS) im Modell die Grundlagen für zuverlässige modellbasierte Ausschreibungen zu schaffen. Innovative Bauherren nutzen aktuell bereits IFC für technische Spezifikationen aus 3D-Modellen und stützen sich dabei auf die eBKP-Klassifizierung. Dabei fehlen jedoch nicht modellierbare Elemente wie allgemeine Vertragsbedingungen, Baustelleneinrichtungen, spezifische Leistungen und Inventar. Diese Lücken werden mit PDF-, Word- oder Excel-Dateien ausgefüllt, was zu individuellen, projektspezifischen Spezifikationen führt. Das Fehlen eindeutiger Standards führt zu Missverständnissen im Datenaustausch sowie zu Fehlinterpretationen und in der Folge zu ungenauen, kaum vergleichbaren Offerten und Nachträgen. Durch die Verbesserung der Modellqualität kann über den BIM-Profil-Server auch das IFC-Format erweitert werden, um spezifische Informationsanforderungen (EIR) für Bauleistungen und Inventar zu spezifizieren. Damit wird die Voraussetzung für «rudimentäre», aber standardisierte Ausschreibungen direkt aus dem Modell geschaffen. 

1) Industry Foundation Classes (IFC): Begriffliches Datenschema und Dateiformat für den Austausch von BIM-Daten. vgl. Nationales Glossar zur Digitalisierung in der Bau- und Immobilienwirtschaft
2) Information Delivery Specification (IDS): Ein computerinterpretierbares Dokument, das die Austauschanforderungen (exchange requirements) der modellbasierten Zusammenarbeit definiert. IDS legt fest, welche Daten im Informationsmodell enthalten sein müssen, d.h. es definiert, wie Objekte, Klassifikationen, Eigenschaften sowie Werte und Einheiten spezifiziert und ausgetauscht werden müssen. vgl. Nationales Glossar zur Digitalisierung in der Bau- und Immobilienwirtschaft
3) Exchange Information Requirements (EIR): Austausch-Informationsanforderung; Informationsanforderungen im Zusammenhang mit einer Informationsbestellung. vgl. Nationales Glossar zur Digitalisierung in der Bau- und Immobilienwirtschaft

Derzeit existiert keine direkte Verbindung zwischen Modell und Leistungsverzeichnis. Es mangelt an Standards und Werkzeugen für die Konvertierung von 3D-Modellinformationen in NPK-basierte Spezifikationen. Der Lösungsansatz zielt darauf ab, geometrische und alphanumerische Daten aus 3D-Modellen in eine vorläufige NPK-Spezifikation zu überführen. Dies ermöglicht die Integration von 3D-CAD- und Bauadministrations-Systemen und die Verknüpfung von Bauteilen im Modell mit NPK-Positionen und umgekehrt. Auch hierbei spielt die Qualität der Modelle eine zentrale Rolle: Die Zuweisung von NPK-Positionen an Bauteile ist nur möglich, wenn die Bauteile minimalen Informationsanforderungen genügen. Standardisierte und fachlich einwandfreie IDS sind darum Voraussetzung, um 3D-CAD-Modelle mit NPK-Positionen zu verknüpfen. Der Einsatz des NPK in modellbasierten Ausschreibungen erleichtert auch weniger erfahrenen Akteurinnen und Akteuren den Einstieg in den BIM-Prozess und fördert die Digitalisierung. Besonders kleine Unternehmen können profitieren, da sie oft nur begrenzte Ressourcen für Schulungen und neue Software haben. Im Whitepaper wird aufgezeigt, wie der Arbeitsablauf zur Erstellung eines Leistungsverzeichnisses bei einer modellbasierten Ausschreibung mit NPK in einer Bauadministrations-Software zukünftig aussehen könnte. 

Heute sind Informationen und Daten, die im Rahmen eines Projekts benötigt, erzeugt und bewirtschaftet werden, auf verschiedene Informationscontainer verteilt. Durch manuelle und automatisierte Informationsmanagement-Prozesse wird aus den separaten Informationscontainern ein zusammengesetztes Informationsmodell erzeugt. Auch die verschiedenen Normen und Standards von CRB, die sich über Jahre am Markt entwickelt haben, sind nicht miteinander verzahnt. Weil sie historisch gewachsen sind, weisen sie weder eine horizontale Verbindung über die verschiedenen Bauphasen hinweg auf noch eine vertikale Verbindung der unterschiedlichen Betrachtungsschwerpunkte wie Kosten, Leistungen, Produkte und Betrieb. Mit dem Komposit-Informations-Modell (KIM) soll ein Datenpool geschaffen werden, der diese Verbindungen herstellt und gleichzeitig die Anwendung dieser Daten vereinfacht. Die neue Systematik soll den Informationsaustausch für digitales Planen, Bauen und Bewirtschaften system- und organisationsübergreifend ermöglichen sowie Strukturen und Inhalte für Bauteile, Systeme und Leistungen einschliesslich zugehöriger Regeln bereitstellen. Das Ziel von KIM ist es, die Angebote von CRB in ein integriertes Datenmodell zu überführen und Modellinformationen um nicht-modellierte Aspekte wie «Inventar» und «Leistungen» zu erweitern. Informationen zur Baustelleneinrichtung sind heute zum Beispiel im BKP, im eBKP und im NPK zu finden. In Zukunft soll die allgemeine Baustelleneinrichtung nur einmal klassifiziert, gegliedert und mithilfe von Attributen beschrieben werden. Es soll möglich sein, Bauteile und Leistungen entlang der einzelnen Phasen des Lebenszyklus eines Bauwerks ohne Medienbrüche zunehmend präziser zu spezifizieren sowie Eigenschaften und Anforderungen zusammenzufassen.