Nachdenken über die Zukunft
Um zu verstehen, was die Zukunft bringen könnte, hilft ein Blick zurück: Welche Entwicklungen haben wir selbst erlebt und in welchem Zeitraum? Daraus können wir Rückschlüsse darauf ziehen, was mit einiger Wahrscheinlichkeit und in welcher Geschwindigkeit auf uns zukommen wird.
Johannes Herold | 11.04.2024
Anfang der 1980er-Jahre, also vor etwa 40 Jahren, füllten die Computer, auf denen CAD-Programme liefen, ganze Räume und kosteten ein Vermögen. Sofern sie überhaupt in der Lage waren, dreidimensionale Modelle zu erstellen, dauerte die Berechnung von Ansichten und Schnitten mehrere Stunden, die Ausgabe auf einem Stift-Plotter ebenfalls. Diese Funktionen stehen heute auf Laptops und in Echtzeit zur Verfügung, selbst Visualisierungen benötigen nur wenige Sekunden oder Minuten. Seither haben wir die rasante Verbreitung von Internet, Mobiltelefonen und Social Media miterlebt. In welchem Tempo technologische Entwicklungen zunehmen, zeigt das Beispiel ChatGPT und das Schlagwort künstliche Intelligenz (KI). Bis Mitte des vorletzten Jahres war ersteres weitgehend unbekannt und KI nur etwas für Fachleute. Im Herbst 2022 veröffentlichte OpenAI einen allgemein nutzbaren Zugang zu ChatGPT über eine Webseite. Darauf folgte ein enormer Ansturm auf das Werkzeug, gefolgt von immer weiteren Entwicklungen für spezielle Aufgaben auf der Basis von KI. Die Begleiterscheinungen waren Euphorie und Fantasie, Ängste und Befürchtungen aller Art.
Technologien wie 3D-Druck, Drohnen und Robotik, Methoden wie BIM oder Werkzeuge zum parametrischen Entwerfen verändern die Branche schon seit Längerem. Doch die stetige Weiterentwicklung in Verbindung mit immer leistungsfähigeren und klügeren Systemen steigert das Tempo der Innovationen enorm. Hinzu kommen Werkzeuge und Modelle für die Zusammenarbeit wie Common Data Environment (CDE), Integrated Project Delivery (IPD), Virtual Design and Construction (VDC) und Integrated Concurrent Engineering (ICE). Vorfertigung und modulares Bauen, neue, nachhaltige Materialien und Bauweisen sowie Um- und Weiterbauen erweitern das Spektrum der aktuellen Strömungen. Dabei ist das Einwirken von künstlicher Intelligenz auf das Bauen bei Weitem noch nicht absehbar.
Bisher war viel von Technologie, Prozessen oder Methoden die Rede. Doch was ist eigentlich mit den Menschen? Wie stehen sie dem gegenüber? Angesichts dieser vielen parallelen Entwicklungen, die zudem noch sehr rasch voranschreiten, mag ein Gefühl der Überforderung, des Kontrollverlusts und der Hilflosigkeit aufkommen. Mit unserer Einstellung – unserer Haltung zu den Dingen – können wir jedoch Einfluss nehmen: Neugier statt Ablehnung, Informieren und Weiterbilden statt weiter wie bisher, Austausch und Kooperation statt Rabattschlachten und Preiskampf.
Viele Entwicklungen erfolgen parallel und beeinflussen einander. Dadurch erhöht sich das Tempo von Innovationen. Wir stehen dem nicht machtlos gegenüber, sondern können aktiv daran teilnehmen und den Wandel gestalten.