Präzise und kontinuierliche Daten und Informationen sind für Giuseppe Acciardi, BIM-Manager bei armasuisse Immobilien, der Schlüssel, um auf dem ganzen Lebensweg einer Immobilie richtige Entscheidungen zu treffen. Im Gespräch erläutert er die aktuellen Herausforderungen und zeigt auf, woran noch gearbeitet werden muss.
Interview: Gaby Jefferies
28.03.2023
Sie sind seit gut zwei Jahren bei armasuisse Immobilien. Was ist Ihre Hauptaufgabe?
Mein Aufgabengebiet ist äusserst vielseitig: Ich bin für die Einführung der BIM-Methode bei armasuisse Immobilien, dem Immobilienkompetenzzentrum des VBS, zuständig. Das beinhaltet sehr unterschiedliche Tätigkeiten. Einerseits arbeite ich auf strategischer Ebene und setze mich zum Beispiel damit auseinander, was es heisst, die BIM-Methode bei armasuisse Immobilien einzuführen. Andererseits bin ich operativ tätig. Zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Immobilienmanagement VBS definiere ich Zusammenarbeit, Prozesse und Tools für die Zukunft neu. Hinzu kommen viele koordinative Aufgaben sowie ein intensiver Austausch, innerhalb und ausserhalb der Bundesverwaltung.
Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen bei der BIM-Einführung?
Das Immobilienmanagement des VBS, das die etwa 7’000 Gebäude und Anlagen des VBS plant, baut, nutzt, betreibt und auch verwertet, erstreckt sich über mehrere Verwaltungseinheiten und viele unterschiedliche Fachbereiche. Die BIM-Methode wird direkt oder indirekt alle betreffen. Den Bewusstseinswandel und die Abstimmung zwischen den einzelnen Stakeholdern zu begleiten, ist eine interne Herausforderung. Extern sehe ich die grösste Challenge beim Wissensstand der von uns Beauftragten: Wie georeferenziert man BIM-Modelle? Wie sollen die Daten unseres Elementplans im BIM-Modell erfasst und nachgeführt werden? Wie kommen die Daten dann zu uns? Hier gibt es für alle noch viel zu tun.
In welchen Bereichen können Sie von den Vorteilen der Digitalisierung bereits profitieren? Und wo sehen Sie aus Sicht Bauherr noch Hürden?
Wir haben im Sommer 22 den ersten Event zum Thema BIM im Immobilienmanagement VBS durchgeführt. Die positiven Rückmeldungen der Mitarbeitenden waren inspirierend. Sie zeigten, dass das Thema in der Belegschaft angekommen ist und aufgenommen wird. Die Geschäftsleitung geht dabei mit gutem Beispiel voran. Die grösste Hürde ist sicher die Aktualität und Korrektheit der Daten – nicht nur während des Bauprojekts, sondern vor allem auch während des meist Jahrzehnte dauernden Betriebs. Hier werden wir sicherstellen müssen, dass wir die erhaltenen Daten in Zukunft noch lesen und die existierenden Daten aktualisieren können, sodass sich alle internen Stakeholder auf die Daten verlassen können.
Welche Erfahrungen haben Sie mit dem BIM-Pilotprojekt «Ausbau der Logistikinfrastruktur in Burgdorf» gemacht?
Beim Grossprojekt in Burgdorf ist BIM leider erst spät thematisiert worden. Ich war überrascht, wie kompliziert und kostspielig deshalb die Bereitstellung der von uns geforderten Daten im BIM-Modell war. In anderen Projekten haben wir aber gute Erfahrungen gemacht. Meiner Meinung nach sind die Daten, die wir für Betrieb und Bewirtschaftung brauchen, nicht spezifisch, sondern sie sollten von den Beauftragten sowieso gesammelt werden, damit sie ihre Aufgaben ausführen können. Ich bin gespannt, ob sich die Bauherren und Beauftragten hier in Zukunft besser verstehen werden. Die Beteiligten sollten sich darüber verständigen, welche Daten in welcher Form für die Erfüllung des Projekts im BIM-Modell notwendig sind und klar festlegen, ob bzw. welche Daten zusätzlich gebraucht werden.
Warum hat das Daten- und Informationsmanagement in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen? Was hat sich hier verändert?
Das grosse Thema in den letzten Jahren ist ERP. Der Bund steht vor der Einführung von SAP4Hana und jede Unterhaltung zum Thema Daten- und Informationsmanagement dreht sich früher oder später um dieses System. Nachhaltige Datenbewirtschaftung und «Single Source of Truth» sind Themen, die an Bedeutung zunehmen. Wir erhalten die Bauwerksdokumentation immer noch auf Papier sowie auf einem USB-Stick. Oft scheint es den Beauftragten nicht ganz klar zu sein, welches der finale Projektstand ist. Entsprechend aufwendig ist es, die Daten im Anschluss zu sichten und bei uns abzulegen. Datenformate und medienbruchfreie Daten sind weitere Themen. Wir sind hier mitten in einer Umbruchphase: Die Daten sind im Immobilienmanagement VBS extrem wichtig, und in Zukunft wird es hoffentlich möglich sein, dass alle – egal in welcher Verwaltungseinheit – auf die gleichen Daten zugreifen können.
Welche Auswirkungen hat diese Veränderung für Sie als Bauherr? Und für die anderen am Bauprozess Beteiligten?
Wir im Immobilienmanagement VBS müssen genau sagen können, welche Daten wir wie brauchen, d.h., die Bestellerkompetenz muss noch verbessert werden. Mit den richtigen Informationen könnten die Bedarfsträger vielleicht auf einen Neubau verzichten, weil sie wissen, wie sie das existierende Bauwerk umnutzen können. Für die externen Beauftragten wird die Zusammenarbeit mit uns transparenter werden. Durch die Anwendung der BIM-Methode in der Planungs- und Bauphase sollte die Qualität der Bauwerke steigen, durch den frühen Einbezug von Spezialisten sollte es weniger Änderungen in späten Projektphasen geben. Durch die politischen Prozesse und die langen Zeiträume von der Planung bis zum Betrieb bleibt aber immer eine gewisse Unsicherheit.
Welche Hilfsmittel setzen Sie für das Informationsmanagement von der Planung bis zum Betrieb ein?
Heute verläuft das Informationsmanagement noch sehr klassisch: Wir haben Prozessanweisungen und Ablagestrukturen. Viele Informationen werden nur mündlich in Bauherrensitzungen sowie Bau- oder Koordinationssitzungen kommuniziert: In den Köpfen meiner Kolleginnen und Kollegen steckt sehr viel Wissen. Viele Informationen sind fachspezifisch abgelegt. Das hat Vor- aber auch Nachteile: Für bestimmte Fachthemen befindet sich die Information nur an einem Ort. Will man Informationen verknüpfen, wird es deshalb schwierig. Ein neu geschaffener Fachbereich hat zum Ziel, das Informations- und Datenmanagement über alle Strukturen und Hierarchien hinweg zu optimieren und setzt hierzu auch künstliche Intelligenz (KI) ein. Ausserdem nutzen wir unser Archiv; eine riesige Fundgrube für historische und auch aktuelle Informationen.
CRB hat mit dem Institut Digitales Bauen der FHNW den sog. BIM-Profil-Server entwickelt. Wie beurteilen Sie den Nutzen dieser Plattform für den Bauherrn?
Wir stehen heute vor dem Problem, dass wir seitenweise Vorgaben an Bauprojekte stellen. Dazu kommt noch der BIM-Elementplan. Diese Vorgaben sind allgemein gehalten, d.h., die Beauftragten müssen selbst herausfiltern, welche Vorgaben (Dokumente, Zeilen des Elementplans) für sie relevant sind. Zusätzlich existieren die Dokumente in drei Landessprachen und sie müssen entsprechend nachgeführt werden. Der BIM-Profil-Server könnte uns und unseren Beauftragten dabei unterstützen, aus der Vielfalt von Vorgaben die notwendigen Informationen herauszusuchen und so die Arbeit vereinfachen.
Sie haben den BIM-Profil-Server bereits in der Praxis eingesetzt – für was?
Unsere Vorgaben bezüglich Informationen sind in einer Excel-Datei enthalten – sie ist sehr umfangreich und unhandlich. Als ich im Dezember 2020 bei armasuisse Immobilien gestartet bin, war mir sehr schnell klar, dass ich diese Excel-Datei durch ein benutzerfreundlicheres Tool, idealerweise mit Möglichkeiten zum Suchen und Filtern, ablösen möchte. In einem Pilotprojekt haben wir den BIM-Profil-Server für die Übergabe der Anforderungen via CDE-Transfer an die Beauftragten genutzt.
Was sind die Ergebnisse?
Wir konnten im BIM-Profil-Server das Profil «Hochbau Halle Burgdorf» vorbereiten und testen. Mit der aktuellen Version, die neu auch IDS 1.0 exportieren kann, konnten wir den Beweis erbringen, dass wir die geforderten Daten und Informationen auch in andere CAD-Programme importieren konnten – das ist ein grosser Mehrwert. Auch die Übergabe an unsere aktuelle Pilot-CDE hat erfolgreich funktioniert. Leider ist die IDS-Importfunktion derzeit noch nicht so verbreitet, wie wir das gerne hätten. Mit der Einführung der gemeinsamen Datenumgebung CDE-Bund im Jahr 2025 müssen wir unsere Informationsanforderungen an einem neutralen Ort bzw. über eine neutrale Organisation zur Verfügung stellen können. Hier sehen wir CRB mit seiner Kompetenz im Bereich Standardisierung als Möglichkeit, um standardisierte Schnittstellen für den Austausch bereitzustellen.
ERP Enterprise Resource Planning, CDE Common Data Environment, IDS Information Delivery Specification
Das Immobilienkompetenzzentrum des VBS ist für das umfassende Management von Gebäuden und Anlagen des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS zuständig.