Im Fokus steht der Mensch

  

Die meisten denken bei der digitalen Transformation zuerst an innovative Technologien. Thomas Müller, Mensch und Maschine Schweiz AG, ist überzeugt, dass Veränderung nur dann erfolgreich ist, wenn die Unternehmen ihre Mitarbeitenden ins Zentrum stellen. 
Interview: Gaby Jefferies
21.12.2022

Sie bieten Begleitung bei Veränderungsprozessen an. Was bedeutet das konkret?

Wir merken, dass die Baubranche mit ihren fragmentierten Strukturen auf BIM und die Digitalisierung trifft. Digitalisierung funktioniert aber nicht durch Abgrenzung, sondern basiert auf Teilen. Das ist eine neue Art der Zusammenarbeit. Da diese Veränderung sehr tiefgreifend ist, spüren wir, dass viele Firmen Angst vor Veränderung haben. Darum versuchen wir, unseren Kunden verständlich zu machen, dass der Fokus nicht auf der Technologie liegt, sondern auf den Menschen, die anders arbeiten müssen. Die Geschäftsleitenden müssen verstehen, dass diese Veränderung begleitet, thematisiert und mit positiven Inhalten belegt werden muss. 

Wer sind Ihre Kunden? 

Zu uns kommen Bauherren, Organisationen, Vertreter sämtlicher Planungsrichtungen, Baufirmen, Handwerker, aber auch nicht branchenspezifische Unternehmen. Wir sind überzeugt, dass der ganze Lebenszyklus eines Bauwerks bei der Veränderung gleichmässig mitgenommen werden muss, darum bieten wir Ausbildungsprogramme von der Planung bis zur Übergabe für alle Ebenen eines Unternehmens an, für die Geschäftsführung, für Projekt- oder Teamleiter wie auch für Mitarbeitende. Ausgenommen ist lediglich der Betrieb, FM bieten wir nicht an. 


Wie machen Sie Ihre Kunden BIM-fit?

In einem ersten Schritt helfen wir der Geschäftsleitung dabei, zu klären, warum sie BIM machen wollen. Dann unterstützen wir bei der Entwicklung von Vision, Strategie und Roadmap. Wenn ein Vorgehensplan vorliegt, bieten wir Hilfe an, damit die Mitarbeitenden stufengerecht zur Umsetzung befähigt werden. Unsere Philosophie dabei: Beraten und Befähigen – wir helfen so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Wir möchten die Mitarbeitenden des Unternehmens befähigen, eigene Erfahrungen zu sammeln, aus Fehlern zu lernen und so besser zu werden. Unsere Kunden sollen nicht von unserer Kompetenz abhängig sein, wir beraten sie und befähigen zu selbstständigem Handeln. 


MuM ist europaweit tätig und hat heute über 1’000 Mitarbeitende. Unterscheidet sich die Tätigkeit von MuM Schweiz von derjenigen anderer Standorte?

Aufgrund der eingehenden Anfragen für Beratungen, Ausbildungen und Technologien merken wir, dass wir bei neuen Themen in der Schweiz etwa zwei bis zweieinhalb Jahre vor Deutschland oder Österreich sind. Das hat zur Folge, dass viele neue Dienstleistungen in der Schweiz entwickelt werden, dass wir die ersten sind, die sich mit neuen Technologien auseinandersetzen, weil es hier Kunden gibt, die diese bereits wollen. In Deutschland werden vor allem Standardausbildungen nachgefragt, in der Schweiz sind es eher spezielle Weiterbildungen, wir sind hier schon weiter. 


Wo sehen Sie die grösste Herausforderung rund um die Digitalisierung im Bauwesen? 

Neue, innovative Technologien lösen viele Probleme, gleichzeitig schaffen sie aber auch neue Silos. Darum sehe ich eine grosse Herausforderung darin, dass Firmen einen für sie geeigneten technologischen Ansatz finden. Manchmal schaffen Firmen zu schnell zu viel Technologie an, bevor eine wirklich in den Grundprozess implementiert ist. Eine weitere Herausforderung ist die richtige Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen bei der BIM-Implementierung. Bei Unternehmen im Mittelstand läuft es oft so, dass der Chef «BIM» will und daraufhin denjenigen, der sich am meisten für Technologie interessiert, mit der Einführung beauftragt. Der Mitarbeiter findet vielleicht eine für sich und seine direkte Umgebung optimale Lösung, welche jedoch nicht auf den Gesamtkontext des Unternehmens ausgerichtet ist; und am Ende sind alle frustriert. Die BIM-Implementierung funktioniert nur, wenn ein Team dahintersteht. Oft wird auch zu wenig Zeit und Geld in die Digitalisierung investiert: Die Mitarbeitenden benötigen jedoch Zeit, um zu lernen und Erfahrungen zu sammeln und neben der Technologie kostet auch die Ausbildung der Mitarbeitenden viel Geld.


Wie kann sie beschleunigt werden?

Da wir viele BIM-Projekte sehen, die aus dem Ruder laufen, ist unsere Empfehlung eher entschleunigen und das Grundlegende machen: das richtige Fundament legen, die Schnittstellen zwischen den Beteiligten in einfachen Use Cases zum Funktionieren bringen und in der Branche ein einheitliches Verständnis über das Vorgehen schaffen. Die meisten Unternehmen müssen zuerst ihre Mitarbeitenden befähigen, den Grundprozess der kollaborativen Zusammenarbeit, die Schnittstellen sowie einfache BIM-Prozesse zu verstehen. 


Wo sehen Sie Anknüpfungspunkte zu CRB? 

Ein Computer arbeitet dann gut, wenn er auf standardisierte Informationen zurückgreifen kann. Die Einführung von Standards ist daher die wichtigste Voraussetzung für die Digitalisierung. Auf der Grundlage von Standards können Daten schneller und besser ausgewertet werden und man vertraut dem Ergebnis. CRB ist einer der zentralen Schlüsselpartner in der Bauindustrie, um Standards zu setzen. 


Sie konnten mit Ihrem BIM-Spezialisten die erste Version des eBKP-Plugins für das von Ihnen vertriebene Autorentool Revit testen. Was war Ihr erster Eindruck?

Uns gefällt, dass es mit sehr wenig Funktionen auskommt, d.h., dass im Hintergrund standardisiert wurde, damit der Computer viel übernehmen kann. Man wird intelligent an die Klassifizierung herangeführt, Interface und Handhabung des Plugins sind sehr einfach. Smart ist auch, dass man sich für einen Halbautomatismus entschieden hat: Das Programm liefert eine intelligente Vorauswahl von Elementen und Positionen, den Entscheid fällt dann aber der Mensch. 


Wo sehen Sie die Vorteile des eBKP-Plugins für Ihre Kunden?

Unsere Kunden können weiterhin mit ihren virtuellen Bauteilen arbeiten, aber CRB hilft ihnen, diese Bauteilbibliothek mit dem eBKP-H oder eBKP-T zu verbinden. Durch die intelligente Heranführung kann das auch jemand ausführen, der sich nicht in der Tiefe auskennt. Das Plugin schliesst eine kleine, aber sehr wichtige Lücke. 


Durch diese Verbindung ist nun die Voraussetzung für eine modellbasierte Mengen- und Kostenermittlung geschaffen, oder?

Ich würde es so ausdrücken: Die technologischen Voraussetzungen sind jetzt gegeben, dass dies möglich ist. Aber sowohl in Bezug auf das Verständnis des eBKP als auch bezüglich des Verständnisses, wie Informationen im Modell richtig gepflegt werden, fehlt noch sehr viel Wissen. Es ist daher wichtig, dass CRB die Fachleute schult, wie die Struktur des eBKP funktioniert, nur wenn man das verstanden hat, kann man es richtig anwenden. Gleichzeitig müssen die beteiligten Planenden auch lernen, wie sie modellieren müssen, damit die Bauelemente richtig zugeordnet werden können – das Modell muss so zusammengesetzt werden, dass die Elemente sich klassifizieren, berechnen und schlussendlich bauen lassen. 


Für welche Kundengruppe ist das Plugin besonders relevant?

Zielgruppen sind alle, die das Modell nutzen wollen, um die Kosten, welche das Gebäude generiert, besser zu verstehen. Das können Bauherren sein, Planende wie Architekten, Bauingenieure und Gebäudetechniker, sowie natürlich auch alle Kostenplaner. Ich kann mir vorstellen, dass es auch von Baufirmen genutzt wird, um Modelle vor der Kalkulation aus ihrer Sicht anzuschauen. 


Gibt es etwas, das die Anwender am Anfang beachten sollten?

Das BIM-Modell muss so aufgebaut werden, wie auf der Baustelle gebaut wird. 


Wie werden Sie das eBKP-Plugin in Ihre Seminare integrieren?

Wir nehmen das eBKP-Plugin in die Grundausbildung aller Revit-Kurse auf, damit unsere Kunden den Mehrwert von sauber strukturierten Modellen kennenlernen und um zu zeigen, wie schnell die Klassifizierung geht, sodass man eine Basis für die Kostenermittlung hat. Wir können damit aufzeigen, wie wichtig eine gute Modellierungsqualität ist.