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Wenn die Anforderungen an Informationen klar festgelegt sind, kann das Informationsmanagement standardisiert und automatisiert ablaufen. Welchen Mehrwert das Zusammenspiel von BIM-Profil-Server und LIBAL-Software den Kunden bringt, erläutert Daniel Schwarz, CEO von LIBAL Schweiz. 
Interview: Gaby Jefferies
04.10.2022

Sie bieten sich als Partner für die digitale Transformation am Bau an. Wie sieht diese Unterstützung aus?
Bei uns dreht sich alles um den digitalen Zwilling der Gebäude oder Anlagen. Im Zentrum steht die Frage, wie wir die Baubranche dabei unterstützen können, das Informationsmanagement in der Bau- und Bewirtschaftungsphase zu erleichtern. Hierfür bieten wir eine BIM-basierte Software (CDE) an, mit der sich anhand anpassbarer Templates die Anforderungen an notwendige Informationen festlegen lassen. Hier hilft uns die Kooperation mit CRB, weil wir die Ergebnisse des BIM-Profil-Servers in unser Anforderungsmanagement übernehmen können. Weiter arbeiten wir derzeit an Lösungen, die das Energiemanagement transparent machen sowie an einem digitalen Gebäude-Materialpass, und wir bieten auch Consulting-Leistungen in Bezug auf den Einsatz von BIM an. 

Wie entsteht der digitale Zwilling?
Mittels der beschriebenen Anforderungen organisiert und automatisiert die CDE das Informationsmanagement zwischen den Beteiligten so, dass die Informationsliefernden und die Empfänger effizient durch den Liefer- und Abnahmeprozess geführt werden. Implementierte Prüfprozesse sichern die Qualität. Entlang des Informationslieferprozesses in der Planungs- und Bauphase entsteht so automatisch der digitale Zwilling des Assets. Hier legen wir nicht nur auf die Modelle grossen Wert, sondern sorgen dafür, dass alle Dokumente und Informationen, die für den Abnahme-, Gewährleistungs- und Instandhaltungsprozess wichtig sind, vollständig und geprüft abgelegt sind. Alle Informationen sind mit dem Modell verknüpft, das erleichtert das Informationsmanagement im Bauprozess enorm und zahlt sich auch im Instandhaltungsprozess aus. Die Schnittstelle zu CAFM- oder ERP-Systemen ist ein wichtiger Schritt im Bereich der digitalen Asset-Bewirtschaftung. 

 

LIBAL war zunächst im Anlagenbau erfolgreich. Wie sind Sie zur Baubranche gekommen?
Die Anforderungen an korrekte und vollständige Dokumentationen gelten in beiden Branchen und sind ähnlich herausfordernd. Auch die Prozesse und Zusammenarbeitsmodelle sind vergleichbar. Deshalb war es naheliegend, die LIBAL CDE ebenfalls in der Baubranche einzusetzen. 

 

Inwiefern unterscheiden sich die Branchen in Bezug auf die Digitalisierung?
Im Anlagenbau tritt das Gebäude in seiner Relevanz als Asset etwas hinter die häufig sehr komplexen Anlagen und Maschinen. In der Baubranche steht das Gebäude im Vordergrund. So ist heute im Rahmen der Digitalisierung in der Baubranche das Gebäude mit seinen 3-D-Modellen im Fokus. Im Anlagenbau ist die Dokumentation der Anlage (Systeme, Maschinen usw.) das zentrale Thema. Die vollständige digitale Abbildung des Assets ist jedoch in beiden Branchen sehr wichtig. 

 

Wer ist heute der typische «LIBAL-Kunde»? 
Primär ist der private oder öffentliche Bauherr grosser Nutzniesser des digitalen Zwillings seines Assets. Bauherren werden häufig durch Berater vertreten, die für uns dann ebenfalls wichtige Ansprechpartner sind. Auch Generalunternehmer profitieren von der digitalen Dokumentation, sie sind im Rahmen ihres Auftrags zur Abgabe einer vollständigen Dokumentation verpflichtet. Sie gehören deshalb ebenfalls zu unserem Kundenkreis.

 

CRB setzt sich für ein durchgängiges Daten- und Informationsmanagement ein und arbeitet an den dafür notwendigen Standards. Wo gibt es Anknüpfungspunkte?
LIBAL hat das Ziel, das Informationsmanagement prozessual zu vereinfachen und zu digitalisieren. Standards in Bezug auf Informationen und Daten sind hierbei unerlässlich, wenn Effizienz und Qualität gefordert sind. Daraus ergibt sich Potenzial für eine Zusammenarbeit, da CRB und LIBAL gleiche Vorstellungen in Bezug auf das Informationsmanagement haben. LIBAL will etablierte Standards aufgreifen und über die CDE und die dort implementierten Templates und Workflows so effizient wie möglich umsetzen. 

 

Wo sehen Sie die Vorteile des BIM-Profil-Servers?
Mithilfe des BIM-Profil-Servers entstehen qualitativ hochwertige und vollständige Anforderungen, ohne das Rad jedes Mal neu erfinden zu müssen. Die Einhaltung von Standards ist dabei sichergestellt, projektspezifische Themen können ergänzt werden und die resultierenden Daten werden im standardisierten IDS-Format zur Verfügung gestellt.

 

Welchen Nutzen hat der BIM-Profil-Server für LIBAL bzw. für Ihre Kunden?
Wir haben früh erkannt, dass die durch CRB mit dem BIM-Profil-Server etablierten, standardisiert beschriebenen Rollen und Anforderungen von der LIBAL-Software perfekt aufgegriffen werden können. Hier bauen wir gemeinsam eine digitale Schnittstelle zwischen dem BIM-Profil-Server und der LIBAL CDE. Damit werden die Anforderungen an Informationen in LIBAL übernommen und mithilfe des Task Management wird der Informationslieferprozess umgesetzt. Daraus entsteht ein grosser Mehrwert für die Kunden.

 

In welchen Phasen lässt sich der BIM-Profil-Server optimal einsetzen? 
Wir sehen den Nutzen immer zu Beginn einer Neubauphase oder bei Erweiterungen bzw. Umbauten von bestehenden Gebäuden. Der Bauprozess soll immer mit einer vollständigen Beschreibung der Anforderungen beginnen. Das ist mit dem BIM-Profil-Server sichergestellt.

 

Wie kann das Thema «Informationsmanagement» vorangetrieben werden?
Gebäude sind sehr komplexe Systeme, somit ist auch das Informationsmanagement hochkomplex. Um die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen an die Dokumentation zu erreichen, braucht es ein stringentes Informationsmanagement, d.h. es muss standardisiert und automatisiert ablaufen. Dieses Ziel verfolgt LIBAL mit seiner CDE. Weiter hat das Management der Informationen auch viel mit dem Management der hierfür Verantwortlichen – Architekten, Ingenieure, gewerke- oder produkt-verantwortliche Unternehmen – zu tun. Diese müssen zu verschiedenen Zeitpunkten Informationen und Dokumente liefern, um den Planungs- und Bauprozess zu ermöglichen. Dafür werden Methoden und Werkzeuge benötigt, die die Beteiligten entlasten und für effiziente Prozesse sorgen. Automatisierte Prüffunktionen sollen die Informationslieferprozesse unterstützen und die Qualität sicherstellen.

 

Wo sehen Sie aktuell die grössten Defizite in Bezug auf das Informationsmanagement?
Informationen kommen in der Regel von Personen. Die Vielzahl an Beteiligten führt zur Komplexität im Rahmen des Informationsmanagements. Defizite sehen wir in der Steuerung der Informationen auf der Zeitachse (nicht zum richtigen Zeitpunkt), in der Sicherung der benötigten Qualität (Wann wird was benötigt?) und der Verteilung der Informationen an die Projektbeteiligten (Wissensmanagement). Auch aus dem Mangel an Transparenz in Bezug auf die Anforderungen (Was muss von wem geliefert werden?) ergeben sich Defizite.

 

Worin sehen Sie die grössten Vorteile in der Art, wie das Informationsmanagement mit dem BIM-Profil-Server und der LIBAL-Software-Umgebung funktioniert?
Mit dem BIM-Profil-Server und der LIBAL CDE können die beschriebenen Defizite angegangen werden: Anforderungen an Modelle, Dokumente und Daten werden auf Basis geeigneter Standards und Templates fixiert und den Projektbeteiligten zur Verfügung gestellt. Die Frage «Wann ist was von wem zu liefern?» ist am Anfang beantwortet. Das LIBAL Task Management automatisiert diese Lieferprozesse durch die kollaborativen Workflows und stellt sicher, dass nichts vergessen wird. 

 

Wo sehen Sie noch Potenzial in Bezug auf das Zusammenspiel?
Ich denke zum Beispiel an die Kreislaufwirtschaft. Das heisst die Wiederverwendung von Baumaterialien. Der digitale Zwilling der Zukunft wird Materialdaten noch besser darstellen und bewerten lassen und zum Beispiel Recyclingfragen beantworten. Hier können wir noch einiges tun, um die notwendigen Informationen sicherzustellen. Weiter bieten sich auch Möglichkeiten, um das Zusammenwirken für den Anwender noch einfacher zu machen. Dies werden wir in Zusammenarbeit mit unseren Kunden angehen.

 

Sie haben in die Anbindung an den BIM-Profil-Server von CRB investiert. Was raten Sie anderen Anbietern?
Wir denken, dass der BIM-Profil-Server eine gute Grundlage für viele Lösungen im Bereich der digitalen Bauwirtschaft sein wird. Unser Vorschlag ist deshalb, sich aus Anbietersicht mit der Thematik des Anforderungsmanagements intensiv auseinanderzusetzen und die Datenschnittstelle des BIM-Profil-Servers zum Vorteil des Kunden zu nutzen.