Im Bauprozess sowie im Lebenszyklus eines Gebäudes spielen Informationen eine zentrale Rolle für die effiziente Planung und Umsetzung sowie den optimierten Betrieb. Sie müssen korrekt eingefordert, gespeichert und ausgetauscht werden können. Hierbei unterstützt der BIM-Profil-Server die Akteure und sorgt für eine klare Kommunikation.
Johannes Herold und Gaby Jefferies
27.06.2023
Bauherren, Planende, Unternehmer und Betreiber haben unterschiedliche Sichtweisen und Anforderungen an die Informationen, die im Laufe der Lebensphasen eines Gebäudes zusammengetragen werden. Heute sind diese Informationen an verschiedenen Orten in diversen Programmen abgelegt. Dass Schnittstellen oft nicht definiert sind oder ganz fehlen, erschwert den Austausch. Zudem gibt es kaum Vorgaben und Standards.
In der Not versuchen die verschiedenen Akteure, die grossen Mengen an Informationen mit umfangreichen Excel-Tabellen zu bewältigen. Diese sind jedoch fehleranfällig, nicht standardisierbar und müssen für jedes Projekt neu erstellt werden. Weiter ändern sich von Phase zu Phase die Sichtweisen und Anforderungen an Informationen, was in der Regel mit einem Informationsverlust einhergeht. Bauherr und Betreiber erhalten bei der Übergabe des Gebäudes Unmengen an Daten, die sie jedoch zum Teil weder nutzen können noch benötigen. Andere wichtige Daten fehlen dagegen, weil sie nicht bestellt oder nicht geliefert wurden.
Bauherrschaften wie Betreiber betrachten ein Gebäude als Produkt über den ganzen Lebenszyklus hinweg. Daher wünschen sie sich eine vollständige Dokumentation der Bauelemente, einen möglichst verlustfreien Übergang von der Planung in die Realisierung, eine nachvollziehbare Zusammenstellung der Kosten sowie schlüssige Klassifikationen.
Themen wie nachhaltige Datenbewirtschaftung, Datenformate und medienbruchfreie Daten, das Vernetzen und Zusammenfügen von Daten zu sinnvollen Informationen oder Datenpflege treiben Bauherren um. Arié Malz, Leiter Life Cycle Data Management/BIM beim Bundesamt für Bauten und Logistik BBL, sieht aus Sicht des Bauherrn aktuell folgende Herausforderungen beim Daten- und Informationsmanagement:
Er wünscht sich, dass das Handling der Informationsbeschaffung einfacher wird, sowie digital unterstützte Workflows, die die Qualitätssicherung der Daten abdecken. Den grossen Nutzen des BIM-Profil-Servers sieht Arié Malz darin, dass alle Beteiligten klare Vorgaben haben und Informationsbestellungen standardisiert abgewickelt werden können.
«Das BBL möchte einen standardisierten
Bestellprozess
aktiv unterstützen und sieht im
BIM-Profil-Server grosses
Potenzial für die Zukunft.»
Arié Malz, Leiter Life Cycle Data Management/BIM, BBL
Gesucht wird daher Folgendes: Eine Schnittstelle, die alle Informationen aus verschiedenen Tools zusammenführt, Informationen, die lesbar und verarbeitbar sind, sowie Standards auf nationaler Ebene, die auf internationale Richtlinien abgestimmt sind. Mit dem BIM-Profil-Server können Bauherren eigene Informationsprofile ausarbeiten und diese wiederkehrend für andere Projekte nutzen. Er hilft ihnen dabei, ihre Anforderungen an Daten und Informationen so zu beschreiben, dass sie genau das erhalten, was sie bestellt haben.
Giuseppe Acciardi, Leiter Programm BIM@arImmo/Head of BIM bei armasuisse Immobilien/VBS, hat den BIM-Profil- Server für die Übergabe der Anforderungen an die Beauftragten genutzt. «Mit der aktuellen Version, die neu auch IDS 1.0 exportieren kann, konnten wir den Beweis erbringen, dass wir die geforderten Daten und Informationen auch in andere CAD-Programme importieren konnten – das ist ein grosser Mehrwert.» Für Stephan Häberli, Geschäftsführer der Digital bau GmbH, der im Projekt für armasuisse die Anforderungen ausgearbeitet hat, ist die webbasierte Lösung auf jeden Fall besser als die Arbeit mit Excel-Listen. Er betont jedoch, dass der Aufwand, Informationsprofile einzurichten, ebenfalls sehr gross und die manuelle Konfiguration der Autorensysteme anspruchsvoll ist. Wirklich Zeit gewinnen lässt sich durch den Einsatz des BIM-Profil-Servers erst dann, wenn ein Profil vollständig erfasst ist und wiederverwendet bzw. projektspezifisch angepasst werden kann und wenn die Software-Anbieter ihre Autorenwerkzeuge IDS-tauglich gemacht haben bzw. Lösungen vorliegen, um mit den IDS-Profilen umzugehen. Daran wird aktuell gearbeitet.
Von den Planerinnen und Planern wird vermehrt die Lieferung umfangreicher Datenlisten gefordert, die nicht einheitlich sowie unübersichtlich sind und für jedes Projekt neu erstellt werden müssen. Gewünscht wären jedoch saubere Projektdefinitionen für Datenlieferungen und klar definierte Ziele der Auftraggebenden für deren Verwendung, Stichwort Bestellerkompetenz.
Die Planenden versuchen daher sich zuerst darüber zu einigen, was mit dem Bauprojekt für den Kunden erreicht werden soll. Erst dann kann das Projektteam die spezifischen Anwendungsfälle sowie Aktivitäten ableiten. Anschliessend ist es möglich, die Informationen sinnvoll zu strukturieren und im Verlauf des Projekts sicherzustellen, dass die nötigen Informationen in den Fach- und Teilmodellen vorhanden sind. Die Erarbeitung eines gemeinsamen Bilds der Lieferergebnisse erfordert eine offene Kommunikation und die Bereitschaft, die Sichtweisen der anderen am Projekt Beteiligten zu verstehen. Sind diese Ergebnisse definiert, wird der BIM-Profil-Server wichtig.
«Der BIM-Profil-Server ist ein Instrument,
das Projektteams bei der systematischen
Erfassung der effektiv benötigten
Informationen unterstützt.»
Marc Pancera, Dozent Fachunterstützung
Weiterbildung; Institut Digitales Bauen, FHNW
Im Unterschied zur bisherigen Arbeitsweise mit riesigen, fehleranfälligen Excel-Tabellen, die für jedes Projekt neu erstellt werden müssen, können die mit dem BIM-Profil-Server erarbeiteten Profile jederzeit in neue Projekte übernommen bzw. angepasst werden. Einen weiteren Mehrwert stellen Modellvalidierungen dar, um eine belastbare Datenbasis für Folgeprozesse (wie zum Beispiel Mengen- und Kostenermittlungen, Kennwertbildung, Grundlagen für Leistungsverzeichnisse) zu erhalten. Sollen diese Informationen mit Partnern austauschbar sein, geht dies nur über ein gemeinsames Datenmodell wie z.B. die Industry Foundation Classes (IFC). Dieser offene Standard für den Datenaustausch in der Bauindustrie gibt die Grundstruktur vor, die länder- und projektspezifisch erweitert werden kann. Der BIM-Profil-Server unterstützt die Anwendenden durch die vorgegebene Verbindung der Bauteile (Fachklassen) mit den IFC-Entitäten. Somit ist der Datenaustausch ohne Kenntnis von IFC nutzbar.
Im BIM-Profil-Server kann nun z.B. die Anforderung definiert werden, dass alle Türen im digitalen Modell eine Bezeichnung haben müssen. Via IDS kann diese Informationsanforderung in ein Autorensystem weitergegeben und mithilfe eines Model-Checkers auf Vollständigkeit überprüft werden, bevor z.B. ein Türplan erstellt wird.
Das digitale Bauen beeinflusst alle Beteiligten. Von zentraler Bedeutung ist daher, dass die mit dem Bauen verbundenen Informationen und Daten von Anfang an so aufbereitet werden, dass immer weiter darauf aufgebaut werden kann. Welche Anforderungen die Unternehmer in Bezug auf das Informationsmanagement haben, hängt von ihrer Rolle sowie von der Phase im Bauprojekt ab. Wenn sie sehr früh in den Bauprozess einbezogen werden, haben sie die gleichen Aufgaben wie Fach- bzw. Spezialplaner, d.h., sie bestimmen mit ihrem Know-how, welche Information, wem, wann, wofür und wie zu liefern ist.
Auch die Betreiber von Immobilien haben einen hohen Bedarf an Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. So werden bereits in der Planungsphase Entscheidungen gefällt, die auf die Kosten für Betrieb und Unterhalt entscheidenden Einfluss haben. Ein Beispiel ist der Zugang zu Fensterflächen in Fassaden mit fester Verglasung, die den Unterhalt von aussen her erfordern. Im schlimmsten Fall ist der Aussenbereich nicht geeignet, entsprechendes Gerät zu stellen, da z.B. die Grünfläche keine Last tragen kann. Benjamin Walther, Senior Consultant bei pom+Consulting AG, nennt fehlende Sockelleisten als weiteres Beispiel: Ihr Fehlen führt durch die Reinigung des Bodens nach einigen Monaten zu unschönen Verschmutzungen an der Wand. In der Zusammenarbeit ist die Gleichwertigkeit aller am Projekt Beteiligten eine wichtige Voraussetzung für eine gut funktionierende Kommunikation. Diese muss unkompliziert und ohne Hürden erfolgen können, die benötigten Informationen sollten für alle einfach zugänglich sein. In diesem Zusammenhang spielen das einheitliche Verständnis der Begrifflichkeiten sowie die Kenntnis des aktuellen Stands der Informationen eine zentrale Rolle. Hier sind spezifische, standardisierte Exporthilfen wichtig, damit diese Informationen ohne Verlust an die verschiedenen Beteiligten weitergeleitet werden können. Es gilt auch, den Informationsbedarf vorausschauend zu planen, damit die einmal bestimmten Informationen über die gesamte Lebensdauer eines Objekts wieder auffindbar sind.
Auch die Betreiber können ihre Anforderungen in Bezug auf Informationen mit dem BIM-Profil-Server definieren, die zu erfüllenden Aufgaben in Aktivitäten unterteilen, den entsprechenden Rollen zuweisen und die Informationen dann den Dienstleistern vermitteln.
Verschiedene internationale Normen und Standards stellen sicher, dass Bauherren und Planende in BIM-Projekten von Vorteilen wie mehr Effizienz, bessere Qualität, Kostenreduzierung, Risikominderung und einer verbesserten Kommunikation profitieren können.
Die ins Schweizer Normenwerk übernommene Normenreihe SN EN ISO 19650 kann als übergeordnete Norm für das Informationsmanagement in BIM-Projekten betrachtet werden. Die Normenreihe wurde entwickelt, um die digitale Verwaltung von Informationen über den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken und Infrastrukturprojekten zu verbessern.
Die Informationen sollen korrekt, konsistent und aktuell sein, und die beteiligten Parteien sollen ihre Kompetenzen und Verantwortlichkeiten im Informationsaustausch kennen. Indem die Norm eine einheitliche Methode für die Verwaltung von Informationen bereitstellt, unterstützt sie die Erreichung der gewünschten Vorteile in BIM-Projekten.
Auf der Ebene Mensch/Projektorganisation in BIM-Projekten beschreibt die Norm SN EN 17412-1 den sogenannten «Level of Information Need (LOIN)», die Informationsbedarfstiefe. LOIN hat zum Ziel, nur diejenigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die Anwender oder Anwenderinnen (Fachrollen) tatsächlich zu einem bestimmten Zeitpunkt (Informationsmeilenstein) und für einen bestimmten Anwendungsfall bzw. für ein Anwendungsziel benötigen. Dabei wird festgelegt, wer Besteller und wer Lieferant der Information ist. Die Verhinderung der Erzeugung und des Austauschs unnötiger Informationen dient der Effizienz, der besseren Qualität und Kommunikation in BIM-Projekten.
Auf der gleichen Ebene Mensch/Projektorganisation beschreibt die Norm SN EN ISO 29481-1 eine Methode und ein Format für die Erstellung von Dokumentationen der Informationslieferungen «Information Delivery Manual (IDM)». Ein IDM beschreibt die Informationen, die eine bestimmte Fachrolle zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. Arbeitsprozess in einem BIM-Projekt zur Verfügung stellen muss oder benötigt und hilft somit, den vollen Nutzen aus BIM zu ziehen.
Auf der Ebene Mensch/Maschine/Interoperabilität standardisiert die Norm SN EN ISO 16739, besser bekannt unter dem Kürzel IFC (Industry Foundation Classes), die digitale Beschreibung von Gebäudemodellen und ermöglicht den offenen Austausch von Informationen, die Zusammenarbeit und die Interoperabilität zwischen verschiedenen CAD-, BIM- und FM-Softwareanwendungen.
Eine neue Entwicklung auf der Ebene Mensch/Maschine/Interoperabilität ist der von buildingSMART erarbeitete Standard IDS (Information Delivery Specification). Mit IDS lassen sich Anforderungen an Informationen und deren Lieferung innerhalb eines Bauprojekts beschreiben, die sowohl von Menschen gelesen als auch von Computersystemen interpretiert werden können. Mit IDS lassen sich die in den oben genannten Normen und Standards beschriebenen Konzepte umsetzen und Informationen zwischen den verschiedenen Softwareanwendungen in der Bauindustrie austauschen.
IDS ersetzt die Austauschspezifikationen MVD (Model View Definitions) von buildingSMART. mvdXML wird zurzeit nur noch für Software-Zertifizierungen verwendet.
Aktuell wird der BIM-Profil-Server laufend erweitert und an die Bedürfnisse des Markts angepasst. Weiter werden standardisierte Inhalte von interessierten Parteien in den Datenkatalog und die entsprechenden Profile aufgenommen. Für den Austausch mit anderen Systemen wurde das neue Format IDS (Information Delivery Specification) von buildingSMART integriert. Ein wichtiger Meilenstein in diesem Jahr wird die Erweiterung der «IFC-Versionen» sein. Damit kann neben dem offiziellen IFC 4.0 auch das sich in Vernehmlassung befindende IFC 4.3 bereitgestellt werden, was den Anwenderkreis um den Bereich Infrastruktur erweitert.