Qualifizierte Fachleute als Schlüssel zum Erfolg

  


CRB will die Grundlagen für ein durchgängiges Daten- und Informationsmanagement schaffen und damit die digitale Transformation der Branche vorantreiben. Michel Bohren, Vorsitzender der CRB-Geschäftsleitung, erläutert Hintergründe und Auswirkungen.
Interview: Gaby Jefferies
15.11.2021

CRB will die digitale Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft aktiv gestalten. Was bedeutet das genau?
Analysen zeigen, dass in unserer Branche die Planungs-, Erstellungs- und Bewirtschaftungsprozesse stark fragmentiert sind. Es gibt kaum Unternehmen, die über den gesamten Lebenszyklus und die ganze Wertschöpfungskette eines Bauwerks involviert sind. Darum sind jeweils nur Teilbereiche optimiert, mit guten Daten und Informationen beschrieben und effizient digital unterstützt. Weil heute unklar ist, wie sich die Struktur der Branche und die Prozesse entwickeln werden, sind wir zum Schluss gekommen, dass es für uns als Standardisierungsorganisation nur eine Möglichkeit gibt, einen Beitrag zu leisten: Wir müssen die Grundlagen für ein durchgängiges Daten- und Informationsmanagement schaffen. 

Dazu müssen wir bestehende Standards weiterentwickeln und – wo es zielführend ist – neue Standards schaffen. Diese neuen Standards werden auf modernen Konzepten aufbauen: offene Architekturen, verteilte Daten und hohe Transparenz. Es ist offensichtlich, dass diese Konzepte im Gegensatz zur aktuellen Zusammenarbeitskultur in der Bauwirtschaft stehen. Um hohe Akzeptanz für dieses Umdenken zu schaffen, entwickeln wir neue Ansätze eng mit Partnern, Kunden und Mitgliedern und führen neue Methoden und Kooperationsmodelle ein. Ergänzend bauen wir unser Weiterbildungsangebot aus, um wichtige Ansätze und Erfahrungen weiterzugeben, wie die Transformation bei unseren Kunden und Partnern erfolgreich angegangen werden kann.

Wie können diese Ziele erreicht werden?
Mit der neuen Strategie hat unser Vorstand visionär die Richtung vorgegeben und die notwendigen Mittel zur Umsetzung bereitgestellt. Wir haben uns eine generelle Ausrichtung über die nächsten 12 Jahre gegeben, arbeiten aber in konkreten 3-Jahres-Projektportfolios und setzen die Projekte in Jahres- und Quartalszyklen um. Der Vorstand hat auch ein klares Bekenntnis zu den aktuellen Standards abgegeben: Um keines der im Markt etablierten Arbeitsmittel zu gefährden, werden die Innovationsprojekte nicht zulasten des operativen Geschäfts realisiert. CRB wird stark wachsen und bedeutende Investitionen tätigen. Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass alle grossen Fachverbände im CRB-Vorstand vertreten sind, wird klar, dass CRB einen wichtigen und verantwortungsvollen Auftrag der gesamten Branche erhalten hat. Darauf sind wir stolz.

Gibt es bereits konkrete Massnahmen?
Im März 2021 haben wir die erste Version des BIM-Profil-Servers einem engeren Kundenkreis zugänglich gemacht. Mit dieser Lösung zeigen wir, wie modernes Daten- und Informationsmanagement in BIM-gestützten Projekten aussehen wird. Eben haben wir ausgewählten Testern die erste Beta-Version eines CAD-Plug-ins bereitgestellt. Damit ist es nun möglich, 3D-CAD-Modelle systemunterstützt mit der eBKP-Norm zu ergänzen, um standardisierte Mengenauszüge zu generieren und daraus Kosten zu ermitteln. Weitere Plug-ins für andere CAD-Lösungen werden folgen. In der Weiterbildung haben wir ein Angebot lanciert, das Kunden eine Methodik vermittelt, um die digitale Reife ihres Unternehmens zu bestimmen.

CRB arbeitet mit verschiedenen Partnern eng zusammen. Wird sich das ändern?
Das Erfolgsmodell der letzten sechzig Jahre werden wir sicher nicht verändern. Nur über die gemeinsame Erarbeitung mit den Fachverbänden können belastbare Standards entstehen, und nur über die Distribution der Standards via Software-Partner können sie sich im Markt breit etablieren. Natürlich wird es Anpassungen brauchen. So kann im Sinne des durchgängigen Daten- und Informationsmanagements nicht mehr gewerkespezifisch gedacht und umgesetzt werden. Alles hängt zusammen und es darf keine Redundanzen und Widersprüche geben. Fachleute aus den Verbänden, die mit uns gemeinsam an der Standardisierung von CRB-Vorschlägen arbeiten, müssen sich in Datenmodellierung und Systemarchitektur auskennen. Es wird eine grosse Herausforderung sein, solche Spezialisten und Spezialistinnen – gemeinsam mit den Fachverbänden – weiterzubilden. Da CRB die neuen Standards auf modernen Methoden und Technologien aufbaut, werden wir unsere Software-Partner, die bereits viele Jahre mit guten Lösungen am Markt sind, mit ähnlichen Herausforderungen konfrontieren. Sie werden sich mit neuen Konzepten und Technologien auseinandersetzen müssen. CRB wird auch hier das «Miteinander» suchen und innerhalb der Branche sind wir frei, mit Hilfs- oder Zwischenlösungen Brücken zu schlagen.

«CRB wird dafür sorgen, dass aus einem 3D-CAD-Modell klare
und rechtssichere Kostenermittlungen und Beschreibungen
erstellt werden können.»

Was erwartet die Anwender und Anwenderinnen der CRB-Arbeitsmittel?
Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass CRB den NPK weiter pflegt. Sie werden jederzeit über aktuelle Versionen der NPK-Kapitel verfügen. Bei jeder Überarbeitung werden wir diese sanft in Richtung der bauteilbasierten Ausschreibung weiterentwickeln. Den bereits erwähnten BIM-Profil-Server, mit dem sich Informationsanforderungen bei der BIM-Planung präzise beschreiben lassen, bauen wir weiter aus. Auch den eBKP werden wir weiterführen und über die Web-Anwendung werk-material.online solide, nachvollziehbare Kostenkennwerte bereitstellen. Über Plug-ins in CAD-Systeme machen wir die eBKP-Klassifizierung in 3D-Modellen verfügbar und ermöglichen so eine strukturierte und standardisierte Mengenermittlung aus dem Modell. Mit der Erweiterung von 3D-CAD-Modellen zu 3D-Informationssystemen wird ein «Game Changer» eingeführt. Sie wird dafür sorgen, dass Bauteile, Systeme und Leistungen neben der geometrischen Ausprägung in einer einheitlichen und standardisierten Struktur auch über weiterführende (semantische) Informationen detailliert beschrieben werden können – das meinen wir, wenn wir vom CRB-Datenmodell sprechen. Dabei werden wir unsere Entwicklungen so ausrichten, dass Partner auf Basis der 3D-Informationssysteme für weitere Anwendungsfälle eine Vielzahl von klugen Lösungen entwickeln können. Vorstellbar sind z.B. Produkte- und Material-Kataster, (teil-)automatisierte Baubewilligungsverfahren, diverse Simulationen am Bauwerk oder die Steuerung von Bewirtschaftungsprozessen.

Wie wird sichergestellt, dass die Wünsche und Anforderungen der Praxis einfliessen können?
CRB hat eine lange Tradition in der Zusammenarbeit mit Vertretern aus der Praxis, sei es über Begleitgruppenmitglieder bei Arbeiten rund um den NPK oder eBKP, sei es über den intensiven Austausch mit Fachverbänden oder über kontinuierliche, strukturierte Markterhebungen im Rahmen des jährlichen «Marktradars». Weiter haben wir mit der «Kommission für Innovation» ein festes Gefäss etabliert, um uns regelmässig mit Quer- und Weit-Denkern aus der Praxis auszutauschen. Für die künftigen, technologielastigen Arbeitsmittel suchen wir auch neue Wege, um die Anforderungen am Markt abzugreifen. Wir entwickeln schnell Prototypen, Piloten oder sogenannte «Minimum Viable Products» (MVP), um diese von einem ausgewählten Anwenderkreis bewerten zu lassen oder in Publikumsveranstaltungen (Impulse Webinare, Workshops usw.) Feedback einzuholen. Involvierte Experten und Expertinnen aus der Praxis sind explizit dazu aufgerufen, Vorschläge von CRB zu prüfen und zu kommentieren. Diese Rückmeldungen fliessen dann in die Entwicklung der neuen Arbeitsmittel ein.

Welche Rolle spielt die Weiterbildung bei der Digitalisierung?
Sie ist und bleibt zentral. Methoden, Werkzeuge und Technologien ändern sich in dieser neuen digitalen Welt radikal. Es finden sich kaum Fachleute, die neben ihrem Fachwissen auch all die neuen Anforderungen mitbringen. Darum braucht es eine klare Übersicht, welche Kompetenzen und welches Wissen gebraucht wird, wo dies erworben werden kann und wo Lücken im Weiterbildungsangebot sind. Aus diesen Erkenntnissen müssen anschliessend fehlende Angebote für die Weiterbildung entwickelt und bereitgestellt werden. CRB plant hier eine grossartige Innovation und wir arbeiten intensiv daran, diese dem breiten Publikum bereits an der Swissbau 2022 vorstellen zu können.

«Auch CRB ist nach wie vor in einem Kulturwandel
und macht eine ‹digitale Transformation› durch. Die Umstellung
auf eine schnelle Umsetzung neuer Produkte bei gleichbleibender Qualität
und hoher Zuverlässigkeit ist auch bei uns kein Spaziergang.»

Wie wird sich die Zusammenarbeit verändern?
Die neuen Methoden, Werkzeuge und Technologien haben Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten. Die Haltung des «Teilens» kommt in der Bau- und Immobilienbranche an. In Planungs- und Designprozessen werden bereits alle Anspruchsgruppen einbezogen, die Umsetzung wird gemeinsam über alle Gewerke optimiert und die Phase von Betrieb und Unterhalt wird stärker gewichtet und früh konzeptionell einbezogen. Nachhaltigkeit im gesamten Lebenszyklus wird das Bauwerk in seiner ganzen Komplexität und in allen Facetten prägen. In einer solchen Welt werden Informationen geteilt, Wissen wird weitergegeben und kontroverse Ansichten werden offengelegt. Alle Beteiligten arbeiten für ein gemeinsames Ziel: Ein auf die vorgegebene Nutzung optimiertes Bauwerk fertigzustellen und dabei die Kosten- sowie Zeitvorgaben einzuhalten. Diesen Wandel in der Zusammenarbeitskultur gilt es auch mit Weiterbildung, Beratung und Coaching zu unterstützen. Er wird Unternehmen und Projekte so stark prägen, dass er nicht dem Zufall überlassen werden kann.

In den CRB-Standards steckt enorm viel Fachwissen. Wie kann CRB gewährleisten, dass dieses stets auf einem aktuellen Stand bleibt?
Bereits in den vergangenen 60 Jahren hat CRB immer auf Vernetzung mit Fachverbänden, Anwendern, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie auf externe Fachexperten und -expertinnen gesetzt. Weiter haben wir immer auch auf Kontinuität und Langfristigkeit geachtet, denn es mag recht einfach sein, einen Standard vorzuschlagen, ihn dann aber über viele Jahre aktuell zu halten, ist sehr viel aufwendiger. So sind wir täglich gefordert, uns mit dem sich wandelnden Fachwissen auseinanderzusetzen und mit den richtigen Spezialisten zusammenzuarbeiten. Um den Austausch unter Fachleuten zu fördern, bringen wir diese in eigenen Veranstaltungen zusammen, bitten sie um Beiträge in gemeinsamen Weiterbildungen oder lassen sie in Fachartikeln und Interviews zu Wort kommen. Immer stärker verlagern wir den direkten Austausch unter Experten oder mit Anwendern und Anwenderinnen auch in die virtuelle Welt. Wir bringen sie in Webinaren oder Roundtables zusammen und bieten ihnen so die Möglichkeit, diverse Themen offen miteinander zu diskutieren. Diesen vielseitigen Dialog rund um den Einsatz bewährter Arbeitsmittel oder neue  Ideen fördern wir ganz bewusst. Wir erheben nicht den Anspruch, das ganze Wissen bei uns zu haben. Unsere Kernkompetenz ist es, verschiedene Experten und Expertinnen zusammenzubringen und in ausgewogenen Gruppen Lösungen zu erarbeiten, die einen Mehrwert für alle generieren und das Zeug zum Standard haben.

Was ist aus der Sicht von CRB bei der Umsetzung dieser Aktivitäten besonders wichtig?
Die grösste Herausforderung ist aktuell, gute und motivierte Menschen zu gewinnen, die bei uns mitanpacken. Der schnelle und zugleich besonnene Ausbau der Organisation mit einer grossen Vielfalt hochqualifizierter Expertinnen und Experten wird der Schlüssel zum Erfolg sein. Dies dürfen die Leser und Leserinnen auch als «Call-to-Action» verstehen: Die Möglichkeit, mit grossem Gestaltungsspielraum und vielen Freiheiten in extrem spannenden Projekten die Zukunft einer ganzen Branche mitgestalten zu können, bietet sich vermutlich kein zweites Mal im Leben. Bewerben Sie sich bei uns!