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Der derzeit stattfindende Wandel trifft Unternehmen wie Mitarbeitende. Die Reaktionen darauf sind vielfältig und widersprüchlich: von Euphorie über Hype bis zu Unsicherheit. Der erste Teil befasste sich mit den Auswirkungen und Entwicklungen für die Unternehmen. Der zweite Teil zeigt, welche neuen Möglichkeiten der Wandel für die Einzelnen bereithält.
Text: Johannes Herold* | 13.03.2025
Verschiedene Aspekte der sich verändernden Arbeitswelt haben einen spürbaren Einfluss – nicht nur auf Unternehmen, sondern auch auf Mitarbeitende. Ob generationenübergreifende Zusammenarbeit, durch KI bedrohte Arbeitsplätze oder geforderte Fähigkeiten: Die Herausforderungen werden nicht weniger, und sie werden auch nicht kleiner – aber es bleiben Herausforderungen, und wer ihnen mit Offenheit begegnet, schafft damit für sich die beste Grundlage, um Teil der Entwicklung zu sein, statt von ihr überrollt zu werden.
Eine der grossen Chancen dieses Wandels wird sein, die Stärken der verschiedenen Generationen zu nutzen: Ältere Mitarbeitende bringen wertvolle Erfahrung und Fachwissen mit, während jüngere Generationen technologische Affinität und frische Perspektiven einbringen. Um von den Stärken zu profitieren und die Schwächen abzumildern, helfen Programme, die den Austausch zwischen den Generationen fördern. Zentral ist dabei das generationenübergreifende Lernen, bei dem Wissenstransfer und Mentoring eine Schlüsselrolle spielen. Gleichzeitig müssen Unternehmen flexible Arbeitsmodelle entwickeln, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Diese Entwicklungen erfordern Anpassungen seitens der Unternehmen ebenso wie der Mitarbeitenden, um langfristig erfolgreich zu sein. Kontinuierliches Lernen und eine flexible, innovative Unternehmenskultur sind dabei gleichermassen entscheidend wie die Abkehr von einer fragwürdigen Etikettierung und Einordnung der Generationen X, Y und Z.
Neue Technologien, ein hohes Tempo der Innovationen und komplexe Prozesse können Ängste auslösen. Diese gilt es ernst zu nehmen und angemessen darauf zu reagieren. Das kann ein Angebot zur individuellen Unterstützung sein, aber auch das Vermitteln, dass neue Werkzeuge nicht nur Herausforderungen sind, sondern auch Chancen bieten.
Die Betonung der Wichtigkeit menschlicher Fähigkeiten wie Kreativität, strategisches Denken und emotionale Intelligenz kann helfen, diese Ängste zu lindern und eine positive Einstellung zu fördern. Gleichzeitig müssen Massnahmen für jene ergriffen werden, deren Aufgaben durch den technologischen Fortschritt ersetzt werden. Idealerweise besteht auf Seiten dieser Mitarbeitenden bereits die Offenheit zur Anpassung und zum lebenslangen Lernen. Oder wie es der Autor und Business-Philosoph Gunter Dueck formuliert: «Wollen wollen statt müssen müssen.» (Gunter Dueck anlässlich der CRB-Partnertagung, 20.10.2023) Dabei sollten klare Perspektiven für die persönliche und berufliche Entwicklung im Vordergrund stehen.
Die Bewältigung der stetig wachsenden Menge an Informationen ist eine der grössten Herausforderungen. Unternehmen wie Mitarbeitende müssen hier Werkzeuge einführen, um die Datenflut zu bewältigen und gleichzeitig relevante Informationen schnell zugänglich zu machen. Automatisierte Systeme können helfen, Daten zu strukturieren, zu analysieren und Entscheidungen effizient zu unterstützen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass alle Beteiligten Zugriff auf relevante Daten haben und diese auch verstehen. Eine wichtige Kompetenz ist dabei, Informationen kritisch bewerten und kuratieren zu können.
Veränderung beginnt immer auch bei einem selbst: «Vor der Transformation von Kultur und Technik steht immer auch die Transformation von uns selbst.» (Klug, Marcus: Morgen weiss ich mehr, S.113) Idealerweise sind Neugier und intrinsische Motivation, also der eigene Antrieb, gute Voraussetzungen, um in einer zunehmend digitalen Arbeitswelt erfolgreich zu sein. Veränderungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit, «sich offen stetig auf neue Anforderungen aktiv einzustellen, sich selbst zielführend und authentisch zu verändern, sich selbst gut in Veränderungen führen zu können (als Voraussetzung, um andere erfolgreich zu führen) und auch in unvorhersehbaren und von Unsicherheit geprägten komplexen Veränderungsprozessen selbstorganisiert, handlungsfähig und lösungsorientiert zu bleiben.»
Fähigkeiten wie Kreativität, das Vermögen, Probleme zu lösen, sowie interkulturelle Kompetenz sollten ebenso entwickelt sein wie technische Fertigkeiten. Nora Dainton, Professorin am Institut Digitales Bauen an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), fasst es so zusammen: «Fähigkeiten wie digitale, technische und vor allem auch soziale und methodische Kompetenzen sind künftig sehr gefragt.»
Dabei wird das menschliche Urteilsvermögen bei der Überprüfung und Interpretation von Lösungen, die von der Kl vorgeschlagen werden, immer wichtiger. Es wäre verhängnisvoll anzunehmen, dass alle Antworten eindeutig und fehlerfrei sind. Das Phänomen der Irrtümer der KI wird als «Halluzination» bezeichnet und bedeutet, dass ChatGPT und Co. frei erfundene Fakten in ihre Antworten mischen. Selbst manche zitierten Quellen entpuppen sich hin und wieder als falsch oder nicht existent.
Lebenslanges Lernen wird immer wichtiger, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Durch den zunehmenden Einsatz neuer Technologien verkürzt sich die Halbwertszeit von Qualifikationen deutlich. Zudem entstehen neue Aufgaben- und Arbeitsbereiche, wie sie heute noch gar nicht absehbar sind.
Unternehmen sind gut beraten, attraktive Bedingungen für die Weiterbildung der Mitarbeitenden zu schaffen sowie innovative Fortbildungsmassnahmen zu etablieren, zum Beispiel durch informelles Lernen, das digitale Plattformen und soziale Netzwerke für den Wissensaustausch unter Fachkräften unterstützt. Das Ziel ist, die Mitarbeitenden zu befähigen, ihre Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Die Investition in kompetente Fachleute ist nachhaltig, und Firmen begegnen so einem möglichen Mangel. Daher ist es sinnvoll, die Personen aus- und weiterzubilden, die schon da sind – andere wird es immer weniger geben. Weiterbildung wird deshalb zum zentralen Bestandteil der individuellen wie der firmeninternen Karriereentwicklung.
Über die Frage, ob es in Zukunft genug Arbeit für alle geben wird, kann nur spekuliert werden. Sicher ist, dass neue Technologien auch neue Aufgaben schaffen. «Die Hälfte der Berufe, die es im Jahr 2030 geben wird, ist noch nicht erfunden», sagt der Basler Zukunftsforscher Gerd Leonhard.
Welche Faktoren für die Berufswahl in Zukunft allgemein gelten, formuliert der Physiker und Mitgründer des «Future of Life Institute» Max Tegmark so: «Wir müssen unseren Kindern das Richtige raten. Sie sollten Berufe wählen, die mit Kreativität, Improvisation und Menschen zu tun haben.» Weiter führt er aus: «Längerfristig brauchen wir aber Lösungen, wie Menschen auch ohne Arbeit Ziel und Sinn in ihrem Leben finden. Vielleicht ist ein allgemeines Grundeinkommen eine Lösung.»
«Eins, zwei, drei im Sauseschritt eilt die Zeit – wir eilen mit», dichtete Wilhelm Busch Ende des 19. Jahrhunderts. Auf die heutige Zeit übertragen wäre das Wort «Zeit» durch «Innovation» zu ersetzen. Neue Entwicklungen nehmen exponentiell zu, Innovationen und Technologien treten in immer kürzeren Zyklen auf. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs mit Beschleunigungsraten, die wir uns bald gar nicht mehr werden vorstellen können. Dennoch ist es wichtig, an Amaras Gesetz zu erinnern: «Wir neigen dazu, die kurzfristige Wirkung einer Technologie zu überschätzen und die langfristige Wirkung zu unterschätzen.»
Der Mensch war schon immer gut im Entwickeln und Nutzen von Werkzeugen, vom Faustkeil bis zur KI. Werkzeuge bestimmen die Prozesse und damit die Arbeitsweise: vom Plan zu Daten zur Fertigung. Die Komplexität wird zunehmen, die Werkzeuge wachsen mit. Unsere Kompetenzen dafür sollten das auch tun.
Christoph Burkhardt, Experte für Innovation und digitale Technologien, fasst es so zusammen: «Lernen ist eine entscheidende Überlebensstrategie und wird weder verschwinden noch abnehmen, sondern umso wertvoller werden, je mehr Technologien und Werkzeuge uns vorgestellt werden.»
Dann können wir uns auch wieder einen Reim darauf machen.
*Johannes Herold war bis März 2024 Leiter Weiterbildung bei CRB und arbeitet jetzt als freiberuflicher Autor (schreibweise.jetzt).
Durch die zunehmende Digitalisierung spielt das Informationsmanagement auch in der Baubranche eine immer wichtigere Rolle. CRB trägt dieser Entwicklung mit einem vielseitigen Weiterbildungsangebot Rechnung.
Unternehmen können bei CRB durch eine Standortbestimmung herausfinden, wo sie auf ihrem Weg zur digitalen Transformation stehen.